Skip to content
Heilpraktiker Wanitschek & Vigl Berlin, Nansenstraße 31, 12047, Berlin - Telefon: +49 30 20865594

MBSR bei Reizdarm: Was sagen Studien?

  • MBSR

Das Reizdarmsyndrom (IBS) ist eine häufige und für Betroffene belastende chronische Magen-Darm-Erkrankung, die durch Bauchschmerzen und Verdauungsbeschwerden gekennzeichnet ist. Bei diesem komplexen Erkrankungsbild spielen Störungen zwischen Zentral- und Darmnervensystem sowie der Darm-Hirn-Achse eine Rolle. Medikamentöse Behandlungen sind oft unwirksam, was zur Erprobung von Naturheilkunde bei Reizdarm und anderer Verfahren führte. Dazu zählt die vom Amerikaner Jon Kabat-Zinn entwickelte Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion mithilfe von MBSR-Kursen (MBSR – „Mindfulness-Based Stress Reduction“).
Das achtwöchige Programm, das unter anderem zur Bewältigung von Stress und stress-induzierter Beschwerden und Erkrankungen wie Burnout empfohlen wird, kann Studien zufolge bei Reizdarm-Patienten eine interessante Option bei der Reduzierung von Magen-Darm-Symptomen und der Verbesserung der Lebensqualität. Eine 2020 veröffentlichte Studie der University of California untersuchte, welche verschiedene Aspekte des MBSR-Programm sich positiv auf Menschen mit Reizdarm auswirken können. (1)

Den Autopiloten überprüfen: Achtsames Handeln zeigt Resultate

Achtsamkeit wird in einem MBSR-Kurs auf verschiedenen Ebenen geübt. Dazu zählt zuallererst das achtsame Wahrnehmen der unmittelbaren Sinneseindrücken. Geeignete Worte für diese Empfindungen zu finden, ist ein weiterer Aspekt der Achtsamkeit. Genauso das Nicht-Beurteilen des Wahrgenommenen, das wohlwollende Akzeptieren von Empfindungen, eigenen Gefühlen oder Gedanken. Dies soll eine Haltung kultivieren, die ein unmittelbares Erleben erlaubt, ohne dem Impuls nachzugehen, dieses Erleben zu verändern. Diese Reaktion, dieser Handlungsimpuls sorgt für einen zusätzlichen Stressmoment, der durch MBSR-Training abgemildert werden kann.

Achtsames Yoga ist Teil des MBSR-Kurses

Die verschiedenen Aspekte der Achtsamkeit fördern sich gegenseitig. Es ist daher sinnvoll – wie in einem MBSR-Kurs – alle Aspekte zu lernen. Die Studie der University of California untersuchte, wie sich die verschiedenen Aspekte der Achtsamkeit auf die Beschwerden von Reizdarmpatienten auswirken. Die Daten der Studie weisen darauf hin, dass die Verbesserung des Reizdarmsyndroms am stärksten mit achtsamem Handeln zusammenhängt. Dies zeigte sich nicht nur während, sondern auch Wochen nach dem MBSR-Programm.
Was bedeutet achtsames Handeln? Die meisten Handlungen im Alltag erfordern wenig Aufmerksamkeit. Das macht durchaus Sinn, unser Gehirn spart dadurch Energie, indem es für bestimmte wiederkehrende Situationen auf bereits erlernte Reaktionsmuster zurückgreift. Dadurch muss es für diese nicht ständig aktiv neue Lösungen finden. Diese erlernten Reaktionsmuster bilden unseren „Autopiloten“. Der Autopilot erlaubt uns, in den vielen Situationen nicht vollkommen präsent sein zu müssen. Wie der Autopilot in einem Flugzeug dem Piloten Freiheiten einräumt: Der Pilot kann sich anderen Dingen widmen als dem Steuern der Maschine – er hat Verantwortung abgegeben. Auch wir geben Verantwortung ab, wenn unser Autopilot das Steuer übernimmt. Doch handelt dieser Autopilot wirklich immer zu unserem Vorteil? Im Laufe eines MBSR-Programms lernen wir unseren Autopiloten besser kennen, wir erkennen seine Handlungsmuster, wir sehen, wenn er für unnötige Turbulenzen in unserem Leben sorgt – wenn er unseren Stress und unser Leiden vergrößert. Allein dieses achtsame Erkennen kann bereits positive Veränderungen bringen, das zeigen Praxis und bisherige Studien – sowie die aktuelle Studie mit Reizdarmpatienten.

MBSR bei Reizdarm: Studie zeigt weniger Verdauungsbeschwerden und mehr Lebensqualität

Bei der kalifornischen Studie nahmen 53 Frauen und 13 Männer teil, die an Reizdarm litten. Sie absolvierten alle den klassischen achtwöchigen MBSR-Kurs und füllten während und nach dem Kurs Fragebögen aus. Hierbei zeigte sich bei beinahe drei Vierteln der Teilnehmenden eine Verbesserung ihrer Verdauungsbeschwerden. Ebenfalls besserten sich die Ängste und Sorgen, die mit körperlichen Beschwerden einhergehen, und die Lebensqualität.
Einzelne Teilnehmer der Studien schildern, sie hätten durch die Übungen mehr Bewusstsein dafür entwickelt, wie Essen und Trinken ihre Stimmung, Gedanken, Gefühle und Beschwerden beeinflusst. Diese Erfahrung hat dazu geführt, dass sich die Teilnehmenden weniger passiv ihren Empfindungen ausgeliefert fühlten, sondern mehr Möglichkeiten sahen, diese aktiv günstig zu beeinflussen.

MBSR findet auch in Erwähnung in der S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom

Die besprochene Studie fand heraus, dass MBSR-Training mit signifikanten Verbesserungen der Verdauungsbeschwerden, der symptombezogenen Angst und der Lebensqualität bei 68 Erwachsenen mit Reizdarm verbunden war. Das Ausmaß dieser Effekte war beachtlich und blieb auch nach sechs Monaten nach dem MBSR-Kurs signifikant. Die Verdauungsbeschwerden der Reizdarmpatienten besserten sich am stärksten durch Übung der Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment zu bleiben und bewusst zu handeln.
Die Ergebnisse der Studie decken sich mit den bisherigen praktischen Erfahrungen und Studien. (2)(3) In der 2021 neu erschienenen ärztlichen S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom steht, dass Strategien zur Stressvermeidung und/oder Krankheitsbewältigung (Coping) sollten individuell als adjuvante Maßnahmen empfohlen werden sollten. Die Leitlinie führt unter diesen Strategien auch das MBSR-Programm auf.

Mehr über unsere MBSR-Kurse

 

Über die Autorin

Anne Wanitschek ist Heilpraktikerin und ausgebildete MBSR-Kurslehrerin und Mitglied im MBSR-MBCT-Verband. Sie meditiert seit 1994 und widmete sich viele Jahre lang intensiv der tibetischen buddhistischen Praxis. Von 1994 bis 2002 war sie Schülerin bei Chiimed Rigdzin Rinpoche, er war Professor für Tibetologie und Abt des Byangter Khordong Klosters in Indien. Sie hat viele Retreat-Erfahrungen, dazu zählt ein dreimonatiges Retreat im Jahr 1999 und ein dreijähriges zwischen 2001 und 2004.

 

Quellenangabe

(1) Naliboff BD, Smith SR, Serpa JG, Laird KT, Stains J, Connolly LS, Labus JS, Tillisch K. Mindfulness-based stress reduction improves irritable bowel syndrome (IBS) symptoms via specific aspects of mindfulness. Neurogastroenterol Motil. 2020 Sep;32(9):e13828
(2) Zernicke KA, Campbell TS, Blustein PK, Fung TS, Johnson JA, Bacon SL, Carlson LE. Mindfulness-based stress reduction for the treatment of irritable bowel syndrome symptoms: a randomized wait-list controlled trial. Int J Behav Med. 2013 Sep;20(3):385-96
(3) Ghandi F, Sadeghi A, Bakhtyari M, Imani S, Abdi S, Banihashem SS. Comparing the Efficacy of Mindfulness-Based Stress Reduction Therapy with Emotion Regulation Treatment on Quality of Life and Symptoms of Irritable Bowel Syndrome. Iran J Psychiatry. 2018 Jul;13(3):175-183

An den Anfang scrollen